Examensreport: ZR II 1. Examen Januar 2023 in Hamburg

Examensreport: ZR II 1. Examen Januar 2023 in Hamburg

Sachverhalt beruht auf einem Gedächtnisprotokoll

A. Sachverhalt

Teil l:

E ist ein begeisterter Kunstsammler. Das Prachtstück seiner Sammlung ist ein Bild der bekannten Künstlerin S namens “Flying Eagle”, das sie vor wenigen Jahren persönlich an E veräußert und übergeben hat. Es handelt sich um ein gemaltes Bild, aus dessen Mitte ein echter Adlerflügel hervorragt. Während E verreist ist, bricht der Dieb D bei ihm ein und entwendet den “Flying Eagle”.

D veräußert das Bild an den Kunstsammler F, der nicht ahnt, dass D dieses dem E entwendet hat. Nach kurzer Zeit bemerkt F, dass sich der Adlerflügel des “Flying Eagle” vom Bild gelockert hat und bedrohlich nach unten hängt. F bringt das Kunstwerk daraufhin zum Restaurator G, der feststellt, dass die Verankerung des Adlerflügels brüchig geworden ist und dringend erneuert werden muss. G veranschlagt für die Restaurierung 5.000 Euro, was auch dem objektiven Wert der Arbeiten einschließlich der Materialkosten entspricht. F ist einverstanden und erteilt dem G den Auftrag, das Bild zu diesem Preis zu restaurieren.

Kurze Zeit später gerät F in Geldnot und setzt sich nach Südamerika ab. Als G den F nach Abschluss der Restaurierungsarbeiten nicht erreichen kann, kontaktiert G die Künstlerin S. Daraufhin klärt sich der Sachverhalt auf und E verlangt von G die Herausgabe des “Flying Eagle”. G erklärt dazu nur bereit zu sein, wenn E ihm die 5.000 Euro für die Restaurierungsarbeiten bezahle. Schließlich habe er das Kunstwerk, das sonst mit hoher Wahrscheinlichkeit zerstört worden wäre, durch die während seiner Besitzzeit durchgeführten Restaurierungsarbeiten erhalten, wovon auch E nun profitiere.

E weigert sich zu zahlen und verweist darauf, dass es F war, der G beauftragt habe. Es könne nicht sein, dass G, der seinen Vertrag mit F erfüllen wollte, nun bei ihm Regress nehmen dürfe. G erwidert hierauf, dass er bis zu seiner Befriedigung wegen der Restaurierungsarbeiten das Bild nicht herausgeben werde. Schließlich stehe ihm jedenfalls ein Werkunternehmerpfandrecht zu, das er geltend mache und woraus er sich notfalls befriedigen werde.

Teil II:

G und E einigen sich schließlich darauf, dass E das Bild gegen Zahlung von 600 Euro zurückbekommt. Zusätzlich beauftragt E den G damit, das Kunstwerk neu zu rahmen, wofür eine weitere Zahlung in Höhe von 2.000 Euro vereinbart wird. Um Materialkosten zu sparen, verwendet G minderwertiges Holz, das er so lackiert, dass die schlechte Qualität mit bloßem Auge nicht zu erkennen ist. Anschließend befestigte er das Bild fachmännisch an dem von ihm speziell an das Kunstwerk angepassten Rahmen. E holt das neu gerahmte Bild ab, ohne etwas zu bemerken, bezahlt insgesamt 2.600 Euro und hängt den “Flying Eagle” zu Hause wieder an seinen ursprünglichen Platz.

Schon nach zwei Wochen zeigen sich erste Risse im neuen Rahmen und kurz darauf wird die Aufhängung des Rahmens so brüchig, dass E das schwere Kunstwerk von der Wand nehmen muss. Als sich E bei G über den kaputten Rahmen beschwert, erklärt G, er sei unter keinen Umständen bereit, nochmals “kostenlos” an dem Bild oder dem Rahmen zu arbeiten. Daraufhin wendet sich E an eine andere Restauratorin. Von dieser erhält er ein Angebot für eine fachgerechte Reparatur des Rahmens für eine - marktübliche - Vergütung von 1.500 Euro. E ist aber inzwischen so genervt, dass er das Bild möglichst schnell loswerden möchte. Das städtische Kunstmuseum, das selbst über eine Rahmungswerkstatt verfügt, kauft das Bild von E zu einem guten Preis. Wegen des brüchigen Rahmens wird allerdings ein Preisabschlag von 1.000 Euro vereinbart.

Anschließend wendet sich E an G und verlangt Schadensersatz in Höhe der für eine Reparatur des Rahmens erforderlichen Kosten von 1.500 Euro. G weist alle Vorwürfe zurück. Falls er aber doch bezahlen müsse, könne E keinesfalls die geforderten 1.500 Euro verlangen, da er den Rahmen ja gar nicht habe reparieren lassen. E meint, dies sei allein seine Entscheidung und ändere nichts an der vollen Haftung von G.

Vermerk für die Bearbeitung:

Beide Teile der Aufgabe sind zu bearbeiten. In einem Gutachten, das – gegebenenfalls hilfsgutachtlich - auf alle aufgeworfenen Rechtsfragen eingeht, sind in der vorgegebenen Reihenfolge folgende Fragen zu beantworten:

B. Aufgabe

Zu Teil I:

Kann E von G die Herausgabe des “Flying Eagle” verlangen?

Zu Teil ll:

Kann E von G Schadensersatz in Höhe von 1.500 Euro verlangen?

Hinweise zu Teil ll:

Es ist davon auszugehen, dass der objektive Wert der neuen Rahmung des Kunstwerks durch G - das heißt die Materialkosten des Rahmens aus minderwertigen Holzresten sowie der Wert der geleisteten Arbeit – insgesamt 1.000 Euro beträgt.

Die §§ 823 bis 853 BGB bleiben bei der Bearbeitung außer Betracht.

Hinweise zu Teil I und Teil Il:

Naturschutz- und artenschutzrechtliche Vorschriften bleiben bei der Bearbeitung außer Betracht.