BGH zur Umschreibung eines Zahlungstitels gegen den rechtsgeschäftlichen Erwerber eines Grundstücks nach Eintragung einer Zwangshypothek

BGH zur Umschreibung eines Zahlungstitels gegen den rechtsgeschäftlichen Erwerber eines Grundstücks nach Eintragung einer Zwangshypothek

Das Zwangsvollstreckungsrecht spielt in beiden Examen eine wichtige Rolle

Im vorliegenden Fall geht es um die Zwangsvollstreckung aus einem Zahlungstitel in das unbewegliche Vermögen, nämlich ein Grundstück. Im Rahmen der Immobiliarvollstreckung kommen mit Zwangshypothek, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung verschiedene Vollstreckungsarten in Betracht (§ 866 Abs. 1 ZPO).

In materieller Hinsicht ist hier unter anderem zu prüfen, ob gegen den Grundstückserwerber ein Zahlungsanspruch besteht. Unter anderem sind folgende Lerninhalte für den Fall relevant:

Der Fall könnte sich zudem als Grundlage einer Anwaltsklausur im zweiten Examen mit dem Gläubiger als Mandanten eignen:

A. Sachverhalt

Der Gläubiger betreibt die Zwangsvollstreckung u.a. aus einem rechtskräftigen Versäumnisurteil, mit dem der Schuldner zur Zahlung von knapp 9.000 Euro verurteilt wurde.

Aufgrund dieses Titels wurde zugunsten des Gläubigers eine Zwangshypothek zulasten des hälftigen Miteigentumsanteils des Schuldners an einem Grundstück eingetragen und dies auf dem Versäumnisurteil vermerkt.

Später übertrug der Schuldner seinen Miteigentumsanteil an seinen Sohn, der im Grundbuch als Eigentümer eingetragen wurde.

Der Gläubiger hat beantragt, die vollstreckbare Ausfertigung des Versäumnisurteils im Hinblick auf die Zwangshypothek auf den Sohn des Schuldners umzuschreiben.

Der Antrag sowie die hiergegen gerichtete Beschwerde des Gläubigers wurden zurückgewiesen.

B. Überblick

Das Zwangsvollstreckungsrecht spielt in beiden Examen eine wichtige Rolle.

Im vorliegenden Fall geht es um die Zwangsvollstreckung aus einem Zahlungstitel in das unbewegliche Vermögen, nämlich ein Grundstück. Im Rahmen der Immobiliarvollstreckung kommen mit Zwangshypothek, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung verschiedene Vollstreckungsarten in Betracht (§ 866 Abs. 1 ZPO).

I. Zwangshypothek

Vorliegend wurde zugunsten des Gläubigers eine Zwangshypothek zulasten des damaligen hälftigen Miteigentumsanteils des Schuldners an einem Grundstück eingetragen.

Mit der Zwangshypothek nach § 867 Abs. 1 ZPO sichert sich der Gläubiger den Vorrang bei der späteren Versteigerung des Grundstücks. Sie wird deshalb auch Sicherungshypothek genannt und setzt voraus, dass der Titel in der Hauptsache auf Zahlung von mehr als 750 Euro gerichtet ist (§ 866 Abs. 3 Satz 1 ZPO).

Nach § 1147 BGB erfolgt die Befriedigung aus einer Hypothek grundsätzlich im Wege der Zwangsvollstreckung. Grundsätzlich benötigt der Gläubiger hierfür einen Titel, der auf Duldung der Zwangsvollstreckung gerichtet ist. Nach § 867 Abs. 3 ZPO gilt das für die Zwangshypothek jedoch nicht. Vielmehr genügt es, dass die Eintragung der Sicherungshypothek auf dem Vollstreckungstitel vermerkt wurde.

Vorliegend ist das zwar passiert, allerdings hat zwischenzeitlich der Schuldner den Miteigentumsanteil auf seinen Sohn übertragen.

Prüfungsaufbau: Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung
Relevante Lerneinheit

II. Titelumschreibung

Soll ein Titel zugunsten eines Rechtsnachfolgers des Gläubigers oder gegen den Rechtsnachfolger des Schuldners oder gegen den Besitzer der streitbefangenen Sache vollstreckt werden, braucht der Gläubiger eine entsprechende Vollstreckungsklausel.

Dabei bestehen für ihn zwei Möglichkeiten, den Titel auf den Rechtsnachfolger „umschreiben“ zu lassen: Er kann einen Antrag auf Erteilung einer entsprechenden Vollstreckungsklausel beim Prozessgericht stellen (§ 727 ZPO) oder den Schuldner vor dem Prozessgericht auf Erteilung der Vollstreckungsklausel verklagen (§ 731 ZPO). Dagegen wäre eine erneute Leistungsklage des Gläubigers gegen den neuen Schuldner grundsätzlich unzulässig. Dem Gläubiger würde hierfür das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, weil ihm §§ 727, 731 ZPO einen einfacheren und schnelleren Weg bieten, einen Titel zu erlangen.

Im vorliegenden Fall hat der Gläubiger einen Antrag nach § 727 ZPO gestellt, um die vollstreckbare Ausfertigung des Versäumnisurteils auf den Sohn des Schuldners umschreiben zu lassen.

Dieser Antrag kann nur dann Erfolg haben, wenn der Sohn des Schuldners Rechtsnachfolger „des in dem Urteil bezeichneten Schuldners“ oder „Besitzer der in Streit befangenen Sache“, gegen den das Urteil nach § 325 ZPO wirkt, ist.

Das erscheint zweifelhaft, weil es in dem Versäumnisurteil nicht um das Grundstück, sondern um einen Zahlungsanspruch geht, der sich nach wie vor gegen den Schuldner selbst richtet.

Etwas anderes könnte aber aus § 867 Abs. 3 ZPO folgen. Wie erläutert, ersetzt der Titel mit dem Eintragungsvermerk den Titel auf Duldung der Zwangsvollstreckung des Grundstücks. Zu dieser Duldung könnte auch der Sohn des Schuldners als Rechtsnachfolger verpflichtet sein.

Um diese Frage geht es in der Entscheidung des BGH.

III. Rechtsweg

Noch kurz zu der Frage, wie die Sache zum BGH gelangt ist:

Für den Antrag nach § 727 ZPO ist das Prozessgericht zuständig, also das Gericht, das den Titel erlassen hat. Dabei handelt es sich um eine ausschließliche Zuständigkeit (§ 802 ZPO). Das Versäumnisurteil erging iHv knapp 9.000 Euro und wurde somit vom Landgericht erlassen. Funktional zuständig war der Rechtspfleger (§ 20 Nr. 12 RPflG).

Der Rechtspfleger hat den Antrag zurückgewiesen. Hiergegen war die sofortige Beschwerde statthaft (§§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, 11 Abs. 1 RPflG). Beschwerdegericht war das Oberlandesgericht (§ 119 Abs. 1 Nr. 2 GVG), das die sofortige Beschwerde aber zurückgewiesen hat.

Damit hätte der Rechtsweg grundsätzlich geendet. Allerdings hat das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zugelassen (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Voraussetzung für eine solche Zulassung ist es, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 ZPO).

Rechtsbeschwerdegericht ist der BGH (§ 133 RVG).

C. Entscheidung

Der u.a. für das Zwangsvollstreckungsrecht zuständige VII. Zivilsenat des BGH hat die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Gläubigers zurückgewiesen. Der Gläubiger habe keinen Anspruch auf Titelumschreibung nach § 727 Abs. 1 ZPO.

Der Sohn des Schuldners sei als Antragsgegner weder Rechtsnachfolger des Schuldners noch Besitzer der in Streit befangenen Sache.

  • Die Rechtsnachfolge auf Schuldnerseite erfordere bei einem Zahlungstitel die Übernahme der titulierten Zahlungsverpflichtung. Hierfür gebe es keine Anhaltspunkte.
  • Das Grundstück sei im Erkenntnisverfahren nicht streitbefangen gewesen, sondern nunmehr lediglich Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens. Das genüge für die Anwendung des § 727 Abs. 1 ZPO nicht.

Der nach § 867 Abs. 3 ZPO erfolgte Vermerk über die Eintragung der Zwangshypothek auf dem Vollstreckungstitel habe auch keinen dinglichen Titel auf Duldung der Zwangsvollstreckung entstehen lassen, der auf den Grundstückserwerber umgeschrieben werden könnte.

  • Im Wortlaut des § 867 Abs. 3 ZPO fänden sich für die gegenteilige Annahme keine Anhaltspunkte.
  • Etwas anderes folge auch nicht aus dem Gesetzeszweck. Die Regelung diene dazu, dem Gläubiger die Zwangsvollstreckung dadurch zu erleichtern, dass er keinen zusätzlichen Duldungstitel gegen den Schuldner benötige. Trotzdem habe dem persönlichen Titel des Gläubigers keine dingliche Wirkung verliehen werden sollen.
  • Diese Auslegung stehe – systematisch betrachtet – im Einklang mit der Regelung in § 323 Satz 1 der Abgabenordnung (AO). Dort heißt es:

„Ist nach § 322 eine Sicherungshypothek, eine Schiffshypothek oder ein Registerpfandrecht an einem Luftfahrzeug eingetragen worden, so bedarf es zur Zwangsversteigerung aus diesem Recht nur dann eines Duldungsbescheids, wenn nach der Eintragung dieses Rechts ein Eigentumswechsel eingetreten ist.“ 

D. Prüfungsrelevanz

Die Entscheidung könnte sich als Grundlage einer Anwaltsklausur im zweiten Examen mit dem Gläubiger als Mandanten eignen.

  • Im materiellen Gutachten müsste zunächst festgestellt werden, dass gegen den Grundstückserwerber kein Zahlungsanspruch besteht. Wegen der im Grundbuch eingetragenen Zwangshypothek könnte der Grundstückserwerber aber zur Duldung der Zwangsvollstreckung nach § 1147 BGB verpflichtet sein.
  • Im Rahmen der Zweckmäßigkeitserwägungen müsste zunächst das Vorgehen nach § 727 Abs. 1 ZPO geprüft werden. Mit dem BGH würde das Ergebnis aber lauten, dass eine Titelumschreibung nicht möglich wäre, da der Grundstückserwerber weder Rechtsnachfolger des Schuldners noch Besitzer der streitbefangenen Sache wäre und § 867 Abs. 3 ZPO nur gegenüber dem Schuldner gilt.

Deshalb müsste für den Mandanten Klage erhoben werden. Eine Klage nach § 731 ZPO kommt dabei nicht in Betracht, denn der wesentliche Unterschied zum Antrag nach § 727 ZPO liegt im Nachweis der Rechtsnachfolge bzw. des Besitzes. Die Klage kann deshalb nur auf Duldung der Zwangsvollstreckung gerichtet sein.

Die sachliche Zuständigkeit hängt von der Höhe des titulierten Anspruchs ab. Örtlich zuständig ist ausschließlich das Gericht, in dessen Bezirk sich das Grundstück befindet (§ 24 Abs. 1 ZPO).

Bei der Formulierung des Klageantrags ist die Zwangshypothek einschließlich ihrer Höhe ebenso konkret zu bezeichnen wie das Grundstück, in das vollstreckt werden soll. Beispiel:

Es wird beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, wegen der in Abt. III Nr. … des Grundbuchs vom …, Bd. …, Bl. …, eingetragenen Zwangssicherungshypothek über … Euro nebst Zinsen iHv … hieraus seit … sowie wegen der Kosten der Zwangsvollstreckung in Höhe von … Euro die Zwangsvollstreckung in das Grundstück …, FIStNr. …, eingetragen im Grundbuch von …, Bd. …, Bl. …, zu dulden.

Prüfungsaufbau: Anwaltsklausur
Relevante Lerneinheit